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Geschrieben von ski am 18. Februar 2021

Das Thema

Schneller als je zuvor

Warum die Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe so schnell ging – und warum uns das keine Sorgen bereiten muss

Bild: Arek Socha / pixabay
Bild: Arek Socha / pixabay
Das Impfzentrum an der OBS Herzberg steht schon seit Dezember bereit. Kürzlich haben dort die Impfungen begonnen
Das Impfzentrum an der OBS Herzberg steht schon seit Dezember bereit. Kürzlich haben dort die Impfungen begonnen

Selbst die optimistischsten Prognosen hatten die Zulassung eines Impfstoffs gegen Covid-19 erst für den Frühling angekündigt. Dass nun schon am Ende des Jahres 2020, weniger als ein Jahr nach dem Bekanntwerden des Virus, ein Impfstoff gegen die neue Krankheit zur Verfügung stand, sorgt da oft für Skepsis. Schließlich dauert die Entwicklung und Zulassung eines Impfstoffs normalerweise mehrere Jahre, manchmal Jahrzehnte. Und dann handelt es sich bei den mRNA-Impfstoffen nun um eine ganz neue Art des Impfstoffs. Da kann man schon ein bisschen irritiert sein, auch wenn man nicht gleich zu denen gehört, die unterstellen, wir seien alle Teil eines großen „Impfexperiments“. Schließlich will niemand Versuchskaninchen sein. Und was ist mit möglichen Langzeitschäden durch so eine Impfung? Die kann man doch jetzt noch gar nicht kennen?

Geld ist ein Grund - aber nicht der einzige

Tatsächlich gibt es viele Gründe, weswegen die Impfstoffentwicklung in diesem Fall so rasant ging. Vielleicht der wichtigste: die Bedrohung durch die Corona-Pandemie ist so groß, dass – ganz anders als sonst – große Mengen an Geld für Forschung und Entwicklung lockergemacht wurden, und zwar sowohl von Seiten der Politik als auch von Seiten der Pharmakonzerne. Wo Geld (fast) keine Rolle spielt, da entwickelt es sich schneller – zahlreiche Teams an Universitäten und bei Pharmaherstellern weltweit forschten mal im Wettbewerb, mal als Kollaboration. Und das Projekt Corona-Impfung hat natürlich überall oberste Priorität, dafür wurden viele andere Vorhaben zurückgestellt. Ein langwieriges Beantragen von Forschungsgeldern, das Einwerben von Fördermitteln, lang andauernde Begutachtungsverfahren, bevor Gelder, Laborkapazitäten und Mitarbeiter vorhanden sind – das gab es diesmal alles nicht.

Der zweite wichtige Grund: man musste bei der Entwicklung nicht bei Null anfangen. Zu dieser neuen Art von Impfstoff wurde schon sehr lange geforscht, denn es gibt vielversprechende Ansätze, ihn in der Krebstherapie einzusetzen. Zudem ist das neuartige Sars-CoV2 eng mit den Viren aus der Sars-Familie verwandt; es konnte daher auf Erfahrungen und Erkenntnisse aufgebaut werden, die man bei den Sars- und Mers-Ausbrüchen 2003 und 2012 gewonnen hatte. Es gibt also sehr viel Vorwissen. Im Gegensatz etwa zu HIV handelt es sich auch um ein vergleichsweise unkompliziertes Virus.

Der dritte Grund: die verschiedenen Phasen der Impfstoffentwicklung und der Impfstoffstudien wurden diesmal nicht wie gewohnt nacheinander, sondern parallel durchgeführt, ohne dass dabei auf irgendeine Untersuchung verzichtet worden wäre. Auch wurde bei der kritischen Begutachtung durch andere Experten und durch die Fachgremien international kooperiert. Zudem spielte eine große Rolle, dass es nicht an freiwilligen Probanden mangelte – und dass die Pandemie so schnell voranschritt. Denn so konnten früher als geplant große Gruppen von Menschen, die Impfstoff beziehungsweise ein Placebo erhielten, miteinander verglichen werden.

Warum Langzeitfolgen nicht erst nach langer Zeit auftreten

Aber was ist nun mit den Langzeitfolgen? Dazu muss man wissen, dass mögliche unerwünschte Folgen einer Impfung in der Regel schnell auftreten – nach wenigen Stunden oder Tagen, aber spätestens nach einigen Wochen. Denn der Impfstoff verbleibt nicht lange im Körper - im Gegensatz beispielsweise zu einem Medikament, von welchem sich, wenn man es über einen langen Zeitraum einnimmt, durchaus Bestandteile im Körper anreichern können. Einmal verabreicht, entfaltet ein Impfstoff seine Wirkung und wird vom Körper abgebaut, während die Immunantwort mobilisiert wird. Langzeitschäden heißen nämlich nicht deshalb so, weil sie so spät nach der Impfung auftreten, sondern weil es sich um lang dauernde Folgen handelt. Allerdings kann es bei vielen Millionen Impfungen durchaus einmal vorkommen, dass irgendwann eine bislang noch nie aufgetretene Nebenwirkung erstmals beobachtet wird. Keine Impfstudie hat so viele Teilnehmer, dass man Nebenwirkungen finden könnte, die so extrem selten sind.

Wie funktionieren die neuen mRNA-Impfstoffe?

Im Gegensatz zu den herkömmlichen Lebend- oder Totimpfstoffen, bei denen tote oder abgeschwächte Viren verabreicht werden, um das Immunsystem auf diese Art von Feind zu trainieren, werden bei mRNA-Impfstoffen keine kompletten Viren verimpft. Die mRNA, also die eingebettete Erbinformation des Impfstoffs enthält stattdessen einen Bauplan nur für ein bestimmtes, besonders prägnantes Teil des Virus, dem Spike-Protein. (Das sind die seltsamen Stacheln, die auf grafischen Darstellungen des Virus auf der Oberfläche zu sehen sind). Die Körperzellen beginnen nun, einige dieser Spike-Proteine selbst zu produzieren – und erkennt sie dann, wenn sie fertig sind, als fremd. Dann beginnt der Geimpfte, passende Antikörper dagegen zu bilden. Das dauert ein paar Tage. Deshalb spüren manche Geimpften in den Tagen nach der Impfung, dass ihr Immunsystem arbeitet: Der geimpfte Arm kann schmerzen, man fühlt sich ein bisschen schlapp oder bekommt leichtes Fieber. Kurzfristig ist das ein bisschen unangenehm, es zeigt aber, dass der Körper mit einer Immunantwort auf die Impfung reagiert und sie wirksam ist.

Die Wirksamkeit des mRNA-Impfstoffs ist hoch: kommt eine geimpfte Person mit dem Erreger in Kontakt, wird sie sich mit 95%iger Wahrscheinlichkeit nicht infizieren. Wie lange der Immunschutz durch eine Impfung anhält, kann aber derzeit noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Man geht von einigen Monaten aus, es könnte aber auch erheblich länger sein. Die neue, in Großbritannien erstmals beobachtete neue Variante B.1.1.7. macht derzeit Sorgen, weil sie nochmals deutlich ansteckender ist als die bisher bekannte Form von Sars-CoV2. Doch BioNTech und Moderna als Hersteller der mRNA-Impfstoffe sind zuversichtlich, dass die Impfung auch gegen diese neue Mutation wirksam ist.

Derzeit noch keine Zulassung für Kinder

Derzeit ist noch nicht absehbar, wann es auch eine Impfstoffzulassung für Kinder und Jugendliche geben wird. Bisher sind die mRNA-Impfungen ab 16 (BioNTech) bzw. 18 Jahren (Moderna) zugelassen, da entsprechende Studien an Jüngeren noch nicht abgeschlossen sind. Kinder und Jugendliche gehören zwar nicht zu den Risikogruppen, dennoch gibt es auch bei ihnen manchmal schwere und/oder langandauernde Covid-19-Verläufe. Sie können im Moment also am besten dadurch geschützt werden, dass die Pandemie eingedämmt wird – durch entsprechende Maßnahmen und dadurch, dass sich die Erwachsenen impfen lassen und die Ausbreitung der Infektion gehemmt wird.

Jetzt gilt es also, möglichst schnell möglichst viele Menschen zu impfen. Das Nadelöhr dabei sind jedoch derzeit nicht die Impfzentren oder die Impfwilligkeit der Bevölkerung, sondern die Verfügbarkeit des Impfstoffs. Wo nur wenige Dosen zur Verfügung stehen, können natürlich auch nur wenige geimpft werden und dies sind zunächst die Risikogruppen. Die Verteilung wird durch die Bundesländer übernommen und ist regional teilweise unterschiedlich, um in Kreisen mit besonders hoher Inzidenz mehr Impfungen durchführen zu können.


Medizinische Informationen:
Robert-Koch-Institut
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Ständige Impfkommission (STIKO)
Stand: 22.01.2021

Dieser Beitrag erschien auch in der Februar-Ausgabe des HarzWind.


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