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Freitag, 29. März 2024
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 Geschrieben von Svenja Friedrich am 13. Januar 2022
Das Thema

Veganismus - ein beharrlicher Trend

Vom Arme-Leute-Essen zum "Veganuary"

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Die Menge an veganen Produkten im Supermarkt und die mediale Präsenz des Themas lässt vermuten, dass die pflanzliche Ernährung ein Trend der Neuzeit ist. Doch Menschen, die diesen Lebensstil zu dem für sie richtigen erklärt haben, gibt es schon seit Urzeiten. Ziel ist es nicht, den „Allesfressern“ ihr Verhalten madig zu machen, sondern eine Lebensweise zu verfolgen, die dem eigenen Körper, der Umwelt und dem Planeten gut tut.
 
In der Antike sprachen sich schon Buddha und der griechische Philosoph Pythagoras, Schrecken aller Mathe-Nulpen, für eine mindestens vegetarische Ernährung aus. Bei ihnen hatte dies hauptsächlich religiöse Gründe: Da der Mensch auch als Tier wiedergeboren werden könnte, sollte er sich allen Lebewesen gegenüber rücksichtsvoll benehmen und Leid möglichst vermeiden. Um Pythagoras zu zitieren: „Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen zurück“.
 
Vom Arme-Leute-Essen zur Philosophie
 
Nachdem eine vegetarische oder vegane Ernährung in den nachfolgenden Jahrhunderten eher aus Gründen der Armut praktiziert wurde, bekam sie um das Jahr 1850 herum in England wieder Aufwind. Es gründeten sich Gesellschaften mit dem Ziel, die gesunde, naturnahe Ernährung in den Vordergrund zu stellen, ebenso wurden Tierrechte erstmals wichtig. Viele derjenigen, die sich mit solchen Dingen beschäftigten, gingen auch den anderen großen Herausforderungen jener Zeit nach, beispielsweise der Abschaffung der Sklaverei und der Einführung des Wahlrechts für Frauen. Der irische Dramatiker George Bernard Shaw antwortete auf die Frage, warum er kein Fleisch esse, dass er seinen Körper nicht zu einem Friedhof machen wolle.
 
1867 gründete der deutsche Theologe und Schriftsteller Eduard Baltzer den „Verein für natürliche Lebensweise“ in Nordhausen und machte das Thema auch hierzulande immer populärer. Heute gibt es etwa eine Million Veganer gibt es in Deutschland. Den weltweit größten veganen Bevölkerungsanteil gibt es mit 5 Prozent in Israel.
 
Nicht mehr nur eine belächelte Minderheit
 
Den Begriff „vegan“ gibt es seit 1944. Damals gründete der Brite Donald Watson die „Vegan Society“. Das Wort hatte er als sprachliche Abgrenzung zu „vegetarian“ ersonnen. Watson war im Alter von 14 Jahren Vegetarier geworden, nachdem er auf dem Bauernhof seines Onkels bei der Schlachtung eines Schweins dabei war und ihm schlagartig klar wurde, weshalb diese Tiere dort gehalten wurden. Später wurde er Veganer, nachdem er sich über die Verhältnisse in der Milchwirtschaft schlau gemacht hatte. Sein für damalige Verhältnisse nicht ganz „normaler“ Lebensstil – Watson war überzeugter Pazifist, rauchte und trank nicht – sorgte dafür, dass viele seiner Zeitgenossen ihn belächelten und nicht ganz ernst nahmen.
 
Diese Art von Reaktion war auch in den Jahrzehnten nach ihm für viele Veganer alltäglich. Sie wurden lange Zeit als seltsam angesehen, das Klischee vom  Birkenstock tragenden Körnerfresser, der „meinem Essen das Essen wegisst“, hält sich in manchen Kreisen auch heute noch hartnäckig. Die Grundhaltung der meisten hat sich aber glücklicherweise in den letzten 10-20 Jahren verändert, denn immer mehr Menschen machen sich heutzutage Gedanken über globale Themen wie den Zustand des Planeten.
 
Die sich häufenden Naturkatastrophen, der nicht mehr zu leugnende Klimawandel, regelmäßig auftretende Lebensmittelskandale, die Ausbeutung von Menschen, Tieren und Umwelt sorgen für ein Umdenken in vielen Köpfen. Zudem sind die Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung in unserem digitalen Zeitalter nahezu unbegrenzt – es kann also niemand behaupten, er wüsste nicht, wie es beispielsweise in konventionellen Schlachthöfen zugeht oder welche Auswirkungen der Konsum von ungesunder Nahrung auf den Körper hat. Tierisches Eiweiß und die daraus resultierenden Ablagerungen stehen seit Längerem im Verdacht, Demenz und Alzheimer zu begünstigen. Dass viel Fett Arterien verstopft, ist auch schon lange kein Geheimnis mehr.
 
Veganer werden gern als militant betitelt, wenn es um ihre Argumente zugunsten einer pflanzlichen Kost geht, aber ganz neutral betrachtet lässt sich doch sagen: Der Mensch MUSS keine tierischen Produkte zu sich nehmen, um überleben zu können. Man stirbt nicht, weil man aufhört, Fleisch zu essen oder Milch zu trinken. Man leidet auch nicht automatisch an eklatantem Nährstoffmangel, wenn man zur veganen Ernährung wechselt.  Vielmehr sollte sich jeder, egal wie er sich ernährt, darüber informieren, welche Vitamine etc. wichtig sind, denn Mangelerscheinungen sind natürlich bei jeder Ernährungsform möglich.
 
Sahne, Speck? Es mangelt an nichts
 
Wer darüber nachdenkt, seine Ernährung umzustellen, hat in diesen Zeiten definitiv die besten Karten. Waren Veganer noch vor wenigen Jahren auf Reformhäuser oder Versandanbieter angewiesen, die zum Teil schwierig zu finden waren, sind die Zustände nun geradezu paradiesisch. Inzwischen bieten nicht nur große, bestens sortierte Supermärkte in Metropolen passende Produkte an, sondern auch „normale“ Discounter. Butter, Speck, Käse, Wurst, Schnitzel, Tunfisch, Salami-Pizza, Eis...alle nur erdenklichen Produkte finden sich in den Regalen (oder lassen sich selbst herstellen). Die Umsätze pflanzlicher Milchalternativen, allen voran Hafermilch, gehen seit einigen Jahren durch die Decke. Selbst wer überhaupt kein Freund davon ist, selbst zu kochen, kann angesichts der vielen Fertig- und Halbfertigprodukte locker vegan leben (wenn auch auf Dauer natürlich nicht besonders gesund...). Sogar McDonald’s, Burger King und andere Fast Food-Giganten bieten diverse pflanzliche Alternativen zu ihren Originalgerichten an, der vegane Lifestyle ist also definitiv im Mainstream angekommen.
 
Wer sich in seiner Entscheidung prominent bestärkt fühlen möchte, findet in der Welt der Stars und Sternchen reichlich Beispiele, mit denen er sympathisieren kann: Etwa die Musiker Alanis Morissette, Stevie Wonder, Bryan Adams oder Brian May, Regisseur  James Cameron oder Schauspieler wie Benedict Cumberbatch und  Woody Harrelson. Sportler wie Novak Djokovic, Serena und Venus Williams oder die Muskelmänner Ralf Möller und Patrik Baboumian beweisen, dass Pflanzenkost auch für Sportler gut geeignet ist. Und Rennfahrer Lewis Hamilton hat aus seiner kulinarischen Passion gleich einen ertragreichen Nebenjob gemacht und eine Burgerkette eröffnet.
 
Vier Wochen lang pflanzliche Kost
 
2014 wurde ein Projekt ins Leben gerufen, das Interessierte dazu ermuntern soll, einfach mal vorurteilsfrei einen Monat lang vegan zu essen und zu sehen, was passiert: der sogenannte „Veganuary“ (aus „vegan“ und „January“). Wer mag, stellt sich der Herausforderung und nimmt den gesamten Januar über keine tierischen Lebensmittel zu sich. Viele Teilnehmer sind erstaunt, wie einfach das ist und wie gut es schmeckt, manch einer spürt sogar nach diesem relativ kurzen Zeitraum schon, dass gesundheitliche Probleme abnehmen oder mehr Energie vorhanden ist.  Zweifler mögen sagen, dass sie „noch nie etwas Veganes probiert haben“ – So? Nudeln und Kartoffeln hat sicher jeder schonmal gegessen, um die beiden besten Beispiele zu nennen.  Und viele Lebensmittel sind quasi „von Natur aus“ vegan, nicht nur Obst und Gemüse, und gar nicht mal nur gesunde Dinge: dunkle Schokolade etwa. Man müsste also nicht vier Wochen lang nur ungewürzte Möhrchen knabbern.
 
Dieser Text soll übrigens kein erhobener Zeigefinger sein, im Gegenteil. Er ist als freundliche Einladung gemeint, sich über bestimmte, seit Ewigkeiten bestehende Praktiken zu informieren und vielleicht auch über den Wert verschiedener Lebewesen nachzudenken – auch denen, die nicht mit uns unter einem Dach wohnen.


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