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Samstag, 10. Juni 2023
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Geschrieben von Firouz Vladi (ArGe Burgruine Scharzfels) am 24. November 2016
Aktuell

Ein historischer Platz: Barbis-Zoll

Ein Beitrag von Firouz Vladi von der ArGe Burgruine Scharzfels

Postkarte nach 1860: Das Zollhaus, jetzt als Gastwirtschaft, mit Nebengebäuden, davor die 1740 in Stein aufgeführte Brücke über die Oder, dahinter Burg Scharzfels als Ruine.
Postkarte nach 1860: Das Zollhaus, jetzt als Gastwirtschaft, mit Nebengebäuden, davor die 1740 in Stein aufgeführte Brücke über die Oder, dahinter Burg Scharzfels als Ruine.
Ausschnitt aus einem Ölgemälde von Gustav Hausmann (Barbis) um 1866, den Kupferstich zur Burg Scharzfels von Conrad Buno aus der Merian’schen Topographia Germaniae (1654) colorierend. Ganz rechts im Bild das Zollhaus.
Ausschnitt aus einem Ölgemälde von Gustav Hausmann (Barbis) um 1866, den Kupferstich zur Burg Scharzfels von Conrad Buno aus der Merian’schen Topographia Germaniae (1654) colorierend. Ganz rechts im Bild das Zollhaus.
Zeichnung von Albert Ritter um 1718: Das Zollhaus gleich nördlich der Oder und dahinter das Voigthaus; im Vordergrund die Domäne „Neuer Hof“. Man beachte Rad, Galgen sowie das Hoheitszeichen oder Fahne an der Oderbrücke!
Zeichnung von Albert Ritter um 1718: Das Zollhaus gleich nördlich der Oder und dahinter das Voigthaus; im Vordergrund die Domäne „Neuer Hof“. Man beachte Rad, Galgen sowie das Hoheitszeichen oder Fahne an der Oderbrücke!
Ausschnitt aus einem Plan von 1762 mit – links der Oder – Zollhaus, zugleich „Wirtschaft“ und rechts der Oder dem „Amtshof“, später Domäne und heute Supermarktgelände. (Original im Stadtarchiv Bad Lauterberg)
Ausschnitt aus einem Plan von 1762 mit – links der Oder – Zollhaus, zugleich „Wirtschaft“ und rechts der Oder dem „Amtshof“, später Domäne und heute Supermarktgelände. (Original im Stadtarchiv Bad Lauterberg)

Wo gestern noch das ehemalige Hotel Zoll stand, zuletzt ein von Vandalen heimgesuchtes Symbol des Verfalls in unserem Landkreis, entsteht jetzt das neue Zentralgebäude des ASB, des Arbeiter-Samariter-Bundes. Hier berichten wir über die Vorgeschichte des alten Hauses und seines Standortes. Denn der Name „Zoll“ kommt ja nicht von ungefähr!

Das Zollhaus hatte hier am Übergang über die Oder, früher Furt und seit mehr als 350 Jahren Brücke, Grenzfunktion zwischen den Territorien der Grafschaft Scharzfels (später Hohnstein) und des Herzogtums Grubenhagen. In dieser Funktion ist die Zollstation bereits um 1580 beschrieben, nach Angaben aus dem ehemaligen Hotel wurde das (erste) Zollhaus 1609 errichtet. Danach wurde das jetzt abgerissene Gebäude im Kernbestand 1653 auf Felsgrundmauern von ein Meter Stärke mit Gewölben errichtet, das Aufgehende als handbehauenes Eichenfachwerk. Das Zollhaus wirkte bis etwa 1620 als solches, längstens bis zur Vereinigung von Grubenhagen und Hohnstein. 1762 ist es bereits als „Wirtschaft Zoll“ dargestellt (siehe Kartenauszug). Das dahinter gezeichnete Voigthaus ist wohl seit längerem verschwunden.

 

Zwischen Abgabenerhebung und Raubrittertum

Hans-Wilhelm von Kerstlingerode war zu dieser Zeit Inhaber der Burg Scharzfels, die ihm die Hohnsteiner Grafen verpfändet hatten. So berichtet 1596 Johannes Letzner‘ sche Chronik. Dem Kerstlingerode wird neben der Renovierung der mittelalterlichen Burg und Förderung der Landwirtschaft die Errichtung des Zollhauses (dann wohl anno 1609?) zugeschrieben, um auf den aus dem Hohnsteinischen ins Grubenhagensche geführten Warenverkehr Zoll in Geld oder Naturalien zu erheben. Als er auch auf den Warenverkehr aus dem Harzvorland nach St. Andreasberg, das damals noch zur Grafschaft gehörte, Zoll erhob, auch mit Zwang, sind die Hohnsteiner auf Vorbringen des Andreasberger Rates eingeschritten. Damals waren die Grenzen zwischen befugter Abgabenerhebung und Raubrittertum wohl noch fließender.

 

Besondere historische Bedeutung

Die Bilder zeigen einige historische Darstellungen zum Gebäude, das danach schon um 1750 in der zuletzt bekannten Gestalt bestand. Weitere Archivalien geben Aufschluss über die historische und territorialgeschichtliche Bedeutung und Funktion des Hauses. Spätere Umbauten und Ergänzungen abgerechnet, besaß das Gebäude wohl einen sehr alten baulichen Kern.

Wohl in Unkenntnis der geschilderten historischen Bedeutung war es vom Landkreis nicht als Denkmal eingestuft worden. Wer hätte es auch erhalten und wieder herrichten sollen? In jedem Falle war eine baugeschichtliche Analyse geboten und der Boden bedurfte der archäologischen Untersuchung, denn es ist mit Abfallgruben, Kloaken, Brunnen und weiteren Fundamenten zu rechnen, ebenso mit historischen Kellergewölben.

Dies ist auch deshalb von Bedeutung, da der Standort eine Schnittstelle von Grenze und Flussübergang war und es lag an der mehrfach täglich von Funktionsträgern genutzten Wegeverbindung zwischen dem Neuen Hof (Domäne, heute Supermarkt) und der Burg. Die Territorialverwaltung der Grafschaft war ja später von der Burg auf die Domäne verlegt und dort bis zur Vereinigung mit dem Amte Herzberg als Hannöversches Amt Scharzfels geführt worden. Im Gegensatz zur Burg ist das Zollhaus im Siebenjährigen Krieg 1761 nicht zerstört worden, nur die Domäne wurde verwüstet.

 

Burg und Zollhaus – eine besondere Verbindung

Anfang des 20. Jahrhundert war es der Wirt des Zollhauses, der sich um die Versorgung der Wandergäste auf der Burgruine kümmerte und ein erstes „Café“ ebendort eröffnete samt Wiederfreilegung des Wasserspiegels im seit der Zerstörung verschütteten Burgbrunnen. 1964 übernahm die Familie Zoglowek das Hotel und bewirtschaftete es bis zuletzt.

Wenn das Zollhaus als bisherige Hotelruine nun endlich abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird, wäre es schön, wenn am Parkplatz zum Aufgang zur Burgruine Scharzfels eine Erläuterungstafel zur Geschichte des Zollhauses und der Grenzstation aufgestellt werden könnte.

ArGe Burgruine Scharzfels, Dipl.-Geol. Firouz Vladi, 37520 Osterode am Harz

 

Die große Bildergalerie „Das letzte Jahr des Hotel Zoll“ finden Sie hier.

 


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Bild der Woche