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Geschrieben von ski am 15. Februar 2013
Aktuell

Schnelles Aus oder Galgenfrist?

Am Montag entscheidet der Kreistag über die Zukunft der Lutterbergschule - "Sparen auf Kosten der Schwächsten"

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Am kommenden Montag wird der Kreistag darüber entscheiden, ob die Bad Lauterberger Lutterbergschule bereits im Sommer geschlossen werden soll. Unter den Zuhörern werden auch diejenigen sein, die direkt betroffen sind: Schüler der 9. und 10. Klasse werden die Sitzung im Rahmen des Politikunterrichts zusammen mit ihren Lehrern besuchen.

Die Kreisverwaltung strebt die rasche Schließung an, um die Sparvorgaben des Innenministeriums zu erfüllen. Doch es formiert sich Widerstand gegen das schnelle Dichtmachen der Förderschule, vor allem natürlich in und um Bad Lauterberg.

 

Eine Katastrophe für unsere Kinder“

 

Die Eltern der betroffenen Schüler sind entsetzt: bislang konnten sie davon ausgehen, dass die Lutterbergschule noch mehrere Jahre besteht und die Kinder ihre Schullaufbahn dort bis zum Ende gehen können.

Denn, wie der Schulelternrat und der Fördererverein in einer gemeinsamen Stellungnahme betonen:

Die Eltern haben sich bewusst für die Lutterbergschule entschieden und möchten, dass ihre Kinder dort auch weiterhin zur Schule gehen können. „Viele Kinder haben bereits vor der Lutterbergschule eine Regelschule besucht und dort vielfach Frustration, Enttäuschungen und Misserfolge, sowie Ausgrenzung erlebt.“ Der sonderpädagogische Förderbedarf könne durch die Beschulung an Regelschulen keinesfalls gedeckt werden.

Diese Schüler mit ihren Behinderungen und Schwierigkeiten seien an der überschaubaren Lutterbergschule besser aufgehoben als an der dreimal so großen Wartbergschule.

Hier werde auf Kosten der Schwächsten gespart. Die Mahnung der Eltern: „Kinder mit Behinderungen bedürfen unser aller Aufmerksamkeit und besonderer Zuwendung“.

 

Stundenlange Busfahrten

 

Unzumutbar würden auch die Schulwege: Für Schüler aus Wieda, Zorge oder Walkenried etwa, rechnet der Schulelternrat vor, könnten bei einer Beförderung mit dem Linienbus mit Warte- und Umsteigezeiten bis zu sechs Stunden Fahrzeit am Tag zusammenkommen.

Eine Beförderung mit Taxen oder Kleinbussen dagegen würde die geplanten Einsparungen zunichte machen. Ohnehin sei die Schließung kurzsichtig, denn der Etat des Landkreises werde künftig um so mehr belastet, wenn dadurch Schüler keinen Schulabschluss erreichen und danach auf HartzIV-Leistungen angewiesen seien.

Schulelternrat und Fördererverein werden deutlich: „Eine Schließung der Schule zum vom Landkreis angedachten Termin wäre für unsere Kinder eine Katastrophe und würde jeglichen bereits erreichten Lern- und Entwicklungserfolg zunichtemachen.“

Unterstützung für die Schule kommt vom Rat der Stadt Bad Lauterberg, der in seiner letzten Sitzung einem Antrag der Gruppe SPD/CDU einstimmig zugestimmt hat. Dieser Antrag fordert den Kreistag auf, die Lutterbergschule mindestens bis 2016 weiterzubetreiben. Darüber hinaus soll nach der Schließung ein Förderzentrum für Inklusion in Bad Lauterberg entstehen, als Stützpunkt für die Mobilen Dienste und zum Zweck der Diagnostik und Beratung.

 

Große Eile, kein Konzept

 

Auch beim Schulleiter der Lutterbergschule selbst stößt die Eile der Kreisverwaltung auf pädagogische Bedenken; in der kurzen Zeit bis zu den Sommerferien könne das Zusammenlegen der Schüler- und Lehrerschaft mit der Wartbergschule nicht sinnvoll vorbereitet werden.

Der Kreiselternrat lehnt die schnelle Schließung ebenfalls ab und sieht in der kurzen Zeit bis zu den Sommerferien keine Möglichkeit, eine ordentliche Auflösung mit einem vernünftigen Übergang an eine andere Schule zu organisieren.

Und die Lehrergewerkschaft GEW warnt davor, die Förderschule mit Schwerpunkt Lernen „totzureden“: Für Schüler ab Klasse 5 bestehe auch künftig das Wahlrecht zwischen Regel- oder Förderschulbesuch. Die Annahme, die Förderschule würde nur Schüler verlieren und keine mehr neu aufnehmen dürfen, sei falsch. „Und falsche Entscheidungen bei der Wahl der Schulform rächen sich, wenn Kinder aus der Spur geraten und Schulbegleitungen mit erheblichen Kosten aus dem Jugendhilfe-Etat erforderlich werden.“, so Walter Ziegler, Pressewart des GEW-Ortsverbands Bad Lauterberg/Bad Sachsa. Die Schulabteilung des Landkreises stehe nun vor der Aufgabe, gemeinsam mit den Fachleuten für Förderpädagogik an der Lutterbergschule und an der Wartbergschule die Zukunft der beiden sonderpädagogischen Förderzentren zu konzipieren und dabei vielfältige Erfahrungen aus anderen Regionen einzubeziehen.

 

Galgenfrist von nur einem Jahr?

 

Es regt sich also Widerstand auf breiter Front, und die Schüler der Lutterbergschule dürfen sich berechtigte Hoffnung machen, dass am Montag die Schließung zumindest um ein Jahr verschoben wird – dies hat die SPD-Kreistagsfraktion beantragt. Aber was kommt danach?

Die Verwaltung soll ein Konzept entwickeln, wie die Zukunft der Schulen im Landkreis aussehen soll – so lautet der Antrag, den die SPD im Schulausschuss eingebracht hat.

Denn obwohl die Vorgaben des Gesetzgebers bezüglich der Inklusion schon seit längerem klar sind, existiert bislang nicht einmal ein Schulentwicklungskonzept im Landkreis. Planungssicherheit für die Eltern und gezieltere Steuerung von Investitionen in Schulen – das könnte ein solches Konzept erbringen.

Pädagogische Gesichtspunkte würden wohl jedoch auch in einem von der Kreisverwaltung erarbeiteten Schulentwicklungskonzept keine große Rolle spielen: „Für die Beurteilung aus pädagogischer Sicht ist vorrangig nicht der Schulträger verantwortlich, sondern die Landesschulbehörde“, so erklärte der Erste Kreisrat Gero Geißlreiter auf unsere Anfrage. Und diese hat ihr Einverständnis signalisiert, die Lutterbergschule schon im Sommer zu schließen.

Für die Schülerinnen und Schüler dürfte dieser hautnahe Politikunterricht am Montag jedenfalls spannend werden – denn hier geht es nicht um graue Theorie, sondern um ihre eigene Zukunft.


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