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Geschrieben von Friedhart Knolle, Spurensuche Harzregion e.V. am 05. Juni 2020
Region

Eine Dennert-Tanne, wo Dennert selbst sie niemals aufgestellt hätte

Eine Tafel erinnert an die Sprengstofffabrik "Tanne" und das Schicksal der Zwangsarbeiter/innen

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Jüngst wurde am Nordende des Oberen Pfauenteich-Damms, östlich von Clausthal-Zellerfeld eine neue Dennert-Tanne zum Thema des Werks Tanne eingeweiht – vermutlich die erste Informationstafel zum brisanten Thema der ehemaligen Sprengstoff-Fabrik „Tanne“.  Die auffälligen gelben Informationstafeln - es gibt inzwischen Hunderte, verteilt im ganzen Harz - befassen sich zumeist mit bergbaulichen Themen und gehen auf den Namensgeber Oberbergrat Herbert Dennert zurück. Die Bergbaugeschichte lag dem 1994 verstorbenen Bergmann und ehemaligem Leiter des Oberharzer Bergwerksmuseums am Herzen. Doch diese spezielle Tafel befasst sich mit einem Thema, das ihm wohl kaum gefallen haben dürfte: dem Rüstungsbetrieb Tanne, wo Zwangsarbeiter/innen schufteten und dabei vergiftet wurden. Etliche verloren ihr Leben.

Herbert Dennert war ein überzeugter Nazi

Die Idee entstand am 2. Dezember 2019, als die Veröffentlichung des Historikers Stefan Wittke zur Rolle des Oberbergamts Clausthal-Zellerfeld im Dritten Reich vorgestellt wurde. Auf die Frage, ob die Dennert-Tannen jetzt noch zeitgemäß seien, weil Herbert Dennert sich als strammer Nazi entpuppt hatte, schlug Dr. Friedhart Knolle vor, keine Bilderstürmerei zu begehen, sondern auch Dennert-Tannen dort aufzustellen, wo sie Herbert Dennert aus ideologischen Gründen niemals aufgestellt hätte. Gesagt getan – Thomas Gundermann griff als Vorsitzender des Oberharzer Bergwerks- und Museumsvereins die Idee auf und so entstand eine erste dieser neuen Tafeln.

Auf etwa 100 Hektar erstreckt sich in Sichtweite der Tafel die ehemalige Sprengstoff-Fabrik „Tanne“, in der während der Zeit des Nationalsozialismus Trinitrotoluol (TNT) und andere Sprengstoffe hergestellt und in Bomben, Granaten und Minen abgefüllt wurden. Das Werk wurde hier an den Pfauenteichen als Teil des Welterbes Oberharzer Wasserwirtschaft angelegt, weil man auf diese Weise Frischwasser für die Produktion abzweigen konnte und dachte, auf dem gleichen Wege das Abwasserproblem des Werks lösen zu können. Für die Arbeit mit den hochgiftigen Chemikalien wurden zeitweise weit über 1000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, vor allem aus der Ukraine und Weißrussland, eingesetzt. Viele verstarben durch Unfälle, andere wurden durch Vergiftung lebenslang in ihrer Gesundheit geschädigt, über 50 der „Ostarbeiter“ verloren ihr Leben bei einem Bombenangriff im Oktober 1944.

„Werk Tanne“ wurde vom Nationalsozialismus sowohl dafür genutzt, die vielen Bergleute für sich zu gewinnen, die nach der Stilllegung des Clausthaler Bergbaus arbeitslos waren, als auch zur Kriegsvorbereitung für den Zweiten Weltkrieg. Am 1.4.1939 wurde mit der Produktion in Werk Tanne begonnen, am 1.9.1939 begann mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Nach dem Krieg wurde „Werk Tanne“ stillgelegt und ist heute eine gefährliche und hochbelastete Rüstungsaltlast. Ein Buch darüber erschien jüngst im Papierflieger Verlag in Clausthal-Zellerfeld.


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